Bio vs. Regional: Perspektiven aus der nachhaltigen Hospitality-Branche
Bio-Produkte zeichnen sich vor allem durch eine umweltfreundlichere Anbauweise aus. Laut dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) ist der Einsatz von Pestiziden in der biologischen Landwirtschaft nur in Ausnahmefällen erlaubt, was einen positiven Effekt auf die Umwelt und die Menschen hat. Dazu gehört eine höhere Biodiversität durch den fehlenden Einsatz von Pestiziden, der Schutz des Grundwassers sowie der Schutz der Arbeiter*innen.
Ein Fokus auf Regionalität wiederum macht kürzere Transportwege möglich, was nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch Lagerkapazitäten und Verpackungsmaterial reduziert. Diese Aspekte sind besonders relevant, wenn es darum geht, die eigene Umweltbelastung zu minimieren. Weiterhin wird auch die lokale (Land-)Wirtschaft unterstützt und auch kulturelle Aspekte dürfen nicht unterschätzt werden: Regionale Spezialitäten oder Produkte werden zum „Star“ auf dem Teller und sorgen für ein authentisches, kulinarisches Erlebnis.
Eine Kombination aus beiden Ansätzen stellt demnach das nachhaltige Ideal dar. Dass das nicht immer leicht und manchmal sogar gar nicht umzusetzen ist, bestätigen die Hoteliers des Green Pearls Netzwerks. Was ist dann jedoch wichtiger? Bio-Produkte oder Regionalität?
Bio vs. Regional: Perspektiven aus dem Green Pearls® Netzwerk
Eine Umfrage unter den Green Pearls® Partnern zeigt, dass 88,3 % der Hotels am liebsten regionale Bioprodukte nutzen bzw. Bio- und regionale Produkte als gleichwertig betrachten. Dabei erachten jedoch 46 % der befragten Hotels regionale Produzenten als wichtiger und nur 11,5 % haben eine klare Präferenz für Bio-Produkte. Diese Zahlen verdeutlichen die Vielseitigkeit der Ansätze und die Überzeugung, dass beide Prinzipien Hand in Hand gehen können – wenn es möglich ist.
Regional vor Bio
Das Hotel Weihrerhof in Südtirol zeigt bei der Frage, ob Bio oder regional bevorzugt werden sollte, eine deutliche Bevorzugung von Regionalität. Grund dafür sei das Wissen darum, wie die Lebensmittel produziert werden, so Hotelier Klaus Pichler. Diese Philosophie wird durch das allgemeine Engagement der Inhaberfamilie für die Region unterstützt.
Ähnlich sieht es Fabienne Anthamatten, Inhaberin des Schweizer Hotels Bella Vista in Zermatt. Durch den regionalen Bezug von Produkten, kenne man die Lieferanten und die Produkte kämen frisch auf den Tisch.
Das Allgäuer Wellnesshotel HUBERTUS Mountain Refugio setzt ebenfalls auf Regionalität und akzeptiert dafür, dass nicht alle ihre Lieferanten biozertifiziert sind. „Wir schätzen die direkte Beziehung zu unseren Produzenten in der Umgebung, was die Nachhaltigkeit unserer Beschaffung erhöht und die örtlichen Gemeinden unterstützt“, erklärt das Management.
Sechs Generationen sind eine lange Zeit und sorgen für eine tiefe Verwurzelung in der Region. Kein Wunder, dass das Hotel Klosterbräu in Seefeld ausschließlich mit lokalen Lieferanten zusammenarbeitet, die die Werte des nachhaltigen Hotels teilen. Regionalität wird bei der Auswahl der Produkte über Bio-Anforderungen gewichtet.
Das Team des Lifestylehotels SAND in Timmendorfer Strand an der Ostsee hebt hervor, dass es stolz auf die regionale und saisonale Auswahl sei, die durch die Vielzahl der Produzenten in der Lübecker Bucht ermöglicht werde. Im Mittelpunkt steht der Dialog mit den Gästen, um Transparenz und Bewusstsein für regionale Produkte zu schaffen.
Der Birkenhof***** Spa & Genussresort sowie der Klosterhof – Alpine Hideaway & Spa (beide in Bayern) setzen nahezu ausschließlich auf regionale Partner und heben deren Bedeutung sowohl für eine authentische Küche, als auch für die Förderung der lokalen Wirtschaft hervor. Ähnlich argumentiert auch das Mosel-Hotel Lifestyle Resort Zum Kurfürsten, das zusätzlich betont, dass Bio-Produkte oft nicht in den benötigten Mengen verfügbar sind.
Als Bioland Gold zertifiziertes Hotel hat sich das Wellnesshotel SCHWARZWALD PANORAMA dazu verpflichtet, in seiner Gastronomie stets mindestens 90% Bioqualität bei allen Speisen und Getränken zu haben. Dafür setzten Inhaber Stephan Bode und sein Team auf Bio-Partner in der Region. Allerdings heben sie deutlich hervor, dass bevor in Bio-Qualität über die deutsche Grenze hinweg eingekauft werde, sich das Hotel klar zugunsten der Regionalität entscheide, um so Transportwege zu vermeiden. Das gleiche gilt, wenn bestimmte Produkte, wie Fisch, nicht in Bio-Qualität verfügbar sind.
Das Naturresort Gerbehof legt besonderen Wert auf lokale Zulieferer und betont, dass Bio aus dem Ausland oft nicht die gleiche Nachhaltigkeit bietet wie regionale Produkte. „Wir wissen, woher unsere Lebensmittel stammen und wie sie produziert werden“, erklärt Inhaberin Ursula Wagner. Das Gut Guntrams sieht Regionalität ebenfalls als den besseren Ansatz und bezieht seine Produkte daher größtenteils von (Bio-)Bauern in der Umgebung oder aus der eigenen Bio-Landwirtschaft.
Das familiengeführte Hotel Okelmann’s in Niedersachsen setzt auf eine Mischung aus beidem, betont aber die Wichtigkeit von Regionalität. „Bio, wo es geht, aber vor allem regional“, fassen die Inhaberinnen zusammen. Dabei spielt auch die Unterstützung kleinerer Produzenten für sie eine wichtige Rolle.
Bio vor Regional
Das STURM in der Rhön erklärt, dass die Bio-Zertifizierung damit einhergehe, dass alle Lebensmittel ebenfalls als solche zertifiziert sein müssen. Wann immer möglich beziehe man diese jedoch von regionalen Herstellern oder aus dem eigenen Garten, so das Team des STURM. Auch das Biohotel Grafenast sieht den idealen Zustand in der Kombination aus beiden Ansätzen, betont jedoch, dass Bio-Produkte nachhaltiger sind.
Regionale Bio-Produkte als Königsklasse
Das Paradiso Pure.Living Vegan Hotel auf der Seiser Alm hat im Sommer 2024 den Restaurantbetrieb auf rein vegane Küche umgestellt. Nicht geändert hat sich, dass Wert auf hochwertige, organische Produkte von nachhaltigen Produzenten gelegt wird. Das Schwesterhotel LA VIMEA Vegan Hotel in Naturns, seines Zeichens das erste rein vegane Hotel in Italien, verfolgt ebenfalls eine holistische vegane Ausrichtung und nutzt möglichst Bio- Produkte von lokalen Landwirten. Der Fokus liegt dort auf handgemachten, regionalen Produkten für die bunte, pflanzenbasierte Küche.
Das APIPURA hotel rinner unterstreicht: „Für uns sind regionale Bioprodukte die besten.“ Das familiengeführte Hotel auf dem Ritten in Südtirol ist das erste Hotel, dass das Bio-Fair-Südtirol Siegel trägt. Neben der eigenen biozertifizierten Imkerei unterhält Inhaberfamilie Rinner enge Beziehungen zu ihren lokalen Partnern und sieht sich durch die Nachfrage nach Bio-Produkten auch als Treiber der organischen Landwirtschaft.
Im Restaurant des Adults-Only Hotels My Arbor verfolgt man ebenfalls einen integrativen Ansatz und sieht die Kombination aus biologischen und regionalen Produkten als optimalen Weg zur Förderung von Nachhaltigkeit.
Egal ob Bio oder Regional: Kommunikation ist der Schlüssel
Die Art und Weise, wie nachhaltige Hotels ihre Gäste über die Herkunft der verwendeten Lebensmittel informieren, spielt eine zentrale Rolle im Verständnis und auch in der Akzeptanz, dass es manchmal bestimmte Dinge nicht gibt. Viele Green Pearls® Partner nutzen dafür innovative Ansätze, um Transparenz zu schaffen. So sehen Gäste in den Hotelgärten der ADLER Lodge RITTEN, des ADLER Spa Resorts SICILIA oder des STURMs die Produkte, die morgens oder abends auf ihren Tellern landen und bekommen so ein Gefühl für Saisonalität.
Das Biohotel Grafenast und das HUBERTUS Mountain Refugio, so wie die meisten anderen Mitglieder des Green Pearls® Netzwerks bieten ihren Gästen die Möglichkeit, mehr über die lokalen Produzenten und deren Anbaumethoden zu erfahren. Sie informieren beispielsweise über die eigene Website, über die Hauspost oder mittels Schildern auf dem Buffet oder Infokästen in der Speisekarte über die Herkunft einzelner Produkte. Dies schafft ein Bewusstsein für die Verwurzelung des Hotels in der Region und die enge Verbindung von Tourismus und lokaler (nachhaltiger) Landwirtschaft und Produktion.
Durch Workshops und Veranstaltungen, in denen die Gäste mehr über die Zubereitung regionaler und saisonaler Speisen lernen, können Hotels wie das Keemala auf Phuket und das Gut Sonnenhausen bei München das Interesse an nachhaltiger Ernährung stärken und die Wertschätzung für lokale Produkte erhöhen.